Plenarticker aus Straßburg

Zum Abschluss der Plenarwoche im Mai, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg kurz zusammengefasst:

Rede von Olaf Scholz

„Ideenlos in Straßburg“, „Der Kanzler muss Kritik einstecken“ und „Scholz spricht im EU-Parlament – eine Grüne zerreißt ihn in der Luft“ lauteten einige der Überschriften großer deutscher Medien nach der Rede von Bundeskanzler Scholz vor dem Europaparlament in dieser Woche. Und in der Tat: Bundeskanzler Scholz trat am Europatag in Straßburg gewohnt ideenlos und uninspiriert auf und wärmte vor allem bekannte Ideen auf. Wirklich bemerkenswert an seiner Rede waren jedoch die Reaktionen. Scholz wurde von fast allen Seiten ungewohnt scharf kritisiert, nicht nur von Oppositionsparteien. Am lautesten war die Kritik aus den Reihen seiner grünen Koalitionspartner. Damit zelebrierte die Ampelkoalition auf der Bühne Europas geradezu ihre eigene Zerstrittenheit. Wer solche Partner hat, braucht keine Feinde.

Scholz Auftritt zeigt auch einmal mehr, wie gegensätzlich seine Worte und das Handeln der Ampel-Abgeordneten ist. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Als Scholz im letzten Jahr die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine blockierte, forderten die Grünen in Straßburg Deutschland möge endlich die Panzer lieferen. Im März stimmten die Abgeordneten von SPD und Grünen für die Zwangssanierung von Gebäuden und wenige Tage später spricht sich SPD-Bauministerin Geywitz dagegen aus. In seiner Rede plädierte Scholz für mehr Freihandelsabkommen, was diametral zum Handeln der Ampel-Parteien in Brüssel und Straßburg steht, die aus Handelsabkommen am liebsten Weltverbesserungsabkommen machen möchten. So war der Auftritt von Olaf Scholz vor allem ein weiteres Zeichen dafür, dass die zerstrittene Ampel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist und Scholz den eigenen Laden nicht im Griff hat. Deutschland gibt damit in Europa ein denkbar schlechtes Bild ab.

Haushaltsentlastung 2021: Nachbesserungsbedarf beim Coronafonds

Die demokratische Kontrolle des EU-Haushalts ist eine der Kernkompetenzen des Europäischen Parlaments. Jedes Jahr prüft das Europäische Parlament die Bücher der EU-Kommission und aller übrigen EU-Organe, inklusive des Europäischen Parlaments selbst, und ob diese ihre Finanzmittel ordnungsgemäß ausgeben und verwalten. Dieses Jahr umfasste die Haushaltsentlastung erstmals die Prüfung des milliardenschweren EU-Corona-Wiederaufbaufonds. Hier erzielten CDU und CSU wichtige Erfolge um die Kontrolle darüber zu verbessern, wie diese enormen Steuergelder von den Mitgliedstaaten ausgegeben werden und wie generell die Rückverfolgbarkeit von EU-Mitteln verbessert werden kann. Wir haben uns beispielsweise erfolgreich für mehr Transparenz bei den Empfängern eingesetzt. Die EU-Kommission hat inzwischen eine interaktive Plattform erstellt, die es allen Interessierten, vor allem Journalisten, ermöglicht, die Projekte aus dem Wiederaufbaufonds öffentlich nachzuverfolgen. Darüber hinaus werden die 100 größten Begünstigten in jedem Mitgliedstaat zweimal jährlich veröffentlicht.

Dennoch bleiben wesentliche Kritikpunkte: Die Mitgliedsstaaten und die Kommission teilen weiterhin nicht vollständig mit, wie viel Geld aus dem Corona-Fonds bis heute konkret die Realwirtschaft erreicht hat. Dazu kommt der enorm langsame Abfluss der Mittel. Viele Mitgliedstaaten haben bis heute noch kein Geld aus dem Fonds gesehen, dabei war der schuldenfinanzierte Coronafonds als rasches Aufbauinstrument nach der COVID-19-Pandemie gedacht. So verfehlt der Aufbaufonds leider seinen ursprünglichen Zweck, der Wirtschaft nach Corona einen Anschub zu geben und droht zu einem gewöhnlichen EU-Finanzierungstopf für die Mitgliedstaaten zu werden.

Europäische Munitionsproduktion hochfahren

Das Europaparlament will die Ukraine so schnell wie möglich mit deutlich mehr Munition ausstatten. Ziel ist es, die europäische Munitionsproduktion rasch hochzufahren, um den Kampf der Ukraine im russischen Angriffskrieg bestmöglich zu unterstützen. Aus diesem Grund haben die Abgeordneten in dieser Plenarwoche auf Antrag von CDU/CSU und EVP beschlossen, entsprechende Vorschläge der EU-Kommission in einem Dringlichkeitsverfahren zu behandeln. Schon im Juni können nun Verhandlungen zu den Details mit den Mitgliedstaaten aufgenommen werden. Damit wäre eine endgültige Verabschiedung noch vor der Sommerpause im Juli möglich. Normalerweise dauern derartige Gesetzesverfahren mehrere Monate.

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche vorgeschlagen, die Produktionskapazitäten im Bereich Munition mit finanziellen Anreizen in Höhe von 500 Millionen Euro anzukurbeln. Verbunden damit soll die Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten die europäische Munitionsproduktion überwachen und im Bedarfsfalle auch Bestellungen priorisieren können. Für CDU und CSU steht fest, dass dies nur ein erster Schritt zur Bewältigung des historisch strukturellen Mangels an Munition in Europa sein kann. Ebenso wichtig ist es, die europäische Verteidigungstechnologie- und Industriebasis zu stärken. Nur so können die gemeinsamen Anstrengungen zur Beschaffung von Verteidigungsgütern funktionieren.

Europaparlament sagt Greenwashing den Kampf an

Wo Nachhaltigkeit draufsteht, muss künftig Nachhaltigkeit drin sein: Das Plenum hat in dieser Woche seine Position gegen spezielle Marketingmaßnahmen und für mehr Informationspflichten durch Unternehmen festgezurrt. Konkret sollen irreführende Aussagen über die Nachhaltigkeit von Produkten verboten und vergleichbare Produkteetiketten eingeführt werden. So soll sichergestellt werden, dass Verbraucher beim Warenkauf gut informiert sind und umweltfreundlichere Entscheidungen treffen können.

Auch geplante Obsoleszenz, also ein vorsätzlich geplanter früher Produktverfall, soll verboten werden. So wird verhindert, dass Produkte frühzeitig kaputtgehen und Verbraucher zum verfrühten Ersatzkauf angeleitet werden. Um den Binnenmarkt zu stärken, schlägt das Plenum ein EU-weit einheitliches Label für Gewährleistungen vor. Dies vereinfacht den grenzüberschreitenden Handel und schaffe deutliche Bürokratie-Erleichterung für die Hersteller.

Die nun abgestimmten Vorschläge basieren auf Änderungen der Verbraucherrechte-Richtlinie sowie der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken. Nachdem sich das Europaparlament positioniert hat, können nun die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten losgehen.

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament