Erste Plenarwoche 2023 in Straßburg

Zum Abschluss der ersten Plenarwoche 2023, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg kurz zusammengefasst:

Nachfolger für Eva Kaili gewählt

Der Luxemburger Marc Angel ist neuer Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Der Sozialdemokrat ist damit Nachfolger der Griechin Eva Kaili, die im vergangenen Monat im Zuge des Korruptionsskandals um Katar und Marokko des Amtes enhoben wurde. Angel setzte sich im zweiten Wahlgang der geheimen Abstimmung gegen die französische Grüne Gwendoline Delbos-Corfield und die italienische Rechtspopulistin Annalisa Tardino durch.

Damit folgt auf eine Sozialdemokratin ein Sozialdemokrat, der damit einer der vierzehn Stellvertreter von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola wird. Die Parlamentsvizepräsidenten haben neben repräsentativen und organisatorischen Funktionen auch representative Aufgaben. CDU/CSU und die EVP-Fraktion haben für Marc Angel gestimmt, denn auch wenn der Korruptionsskandal außsschließlich sozialdemokratische Abgeordnete und deren Umfeld betrifft, entspräche eine Sippenhaft nicht unserem Menschenbild. Marc Angel hat sich bislang als integrer Abgeordneter präsentiert und wir sind hoffnungsvoll, dass er sein neues Amt vernünftig und angemessen ausüben wird.

Gleichzeitig geht die Aufarbeitung des Korruptionsskandals weiter. Präsidentin Roberta Metsola hat Vorschläge zur Überarbeitung der internen Regeln hinsichtlich Transparenz und Arbeitsweise präsentiert. CDU und CSU setzen sich dabei für mehr Transparenz auch für Nichtregierungsorganisationen und vor allem effektive Sanktionen bei Fehlverhalten ein. Wie in Deutschland sollten künftig Kürzungen oder sogar Streichungen der Pensionsansprüche von Europaabgeordneten möglich sein, wenn diese strafrechtlich verurteilt werden. Unverständlicherweise stößt genau dieser Punkt bislang leider auf Gegenwehr der anderen Fraktionen. Der Reformprozess wird noch einige Monate dauern.

30 Jahre Binnenmarkt

Der europäische Binnenmarkt ist eine echte Erfolgsgeschichte. Seit 1993 hat der Binnenmarkt den Vorschriften-Dschungel mit europäischen Produktvorschriften gelichtet und dabei gleichsam die Verbraucherrechte für alle gestärkt. Heute ist die EU der größte Binnenmarkt der Welt, dessen Grundlage die vier Grundfreiheiten bilden: Freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit sowie freier Kapital- und Zahlungsverkehr. Nur dank dieser geeinten Wirtschaftskraft können die EU-Mitgliedsstaaten globale Standards setzen, beispielsweise im Digitalbereicht: Sowohl beim Datenschutz als auch der Vertrauenswürdigkeit und Fairness von digitalen Plattformen wie Facebook oder TikTok leistet die EU weltweit Pionierarbeit.

Dieses Jahr besteht der Binnenmarkt seit 30 Jahren. Das Europäische Parlament hat dieses Jubiläum diese Woche in einer feierlichen Zeremonie gewürdigt. Für CDU und CSU war das ein Moment zum Feiern, denn der Binnenmarkt wurde maßgeblich von Unionspolitikern wie Helmut Kohl vorangetrieben. Gleichzeitig war es ein Moment des Ausblicks. Die Covid-Krise und Russlands Krieg gegen die Ukraine haben Schwachstellen des Binnenmarkts aufgezeigt. Der Binnenmarkt und die EU als Ganzes müssen krisenfester gemacht werden. Durch einheitliche Kriseninstrumente und stärker integrierte Märkte, z.B. für Energie, wollen wir zukünftig sicherstellen, dass alle Mitgliedsstaaten resilienter gegenüber Handelsschocks oder Versuchen handelspolitischer Einflussnahme werden. Nur geeint kann die EU zukünftig ihre Souveränität und Werte verteidigen, insbesondere im Wettstreit zwischen China und den USA. Das ist eine gemeinsame Aufgabe für die Europäische Union.

Jahresbericht Außen- und Sicherheitspolitik

Das Europaparlament hat Bundeskanzler Olaf Scholz dazu aufgefordert, endlich Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Die Abgeordneten verabschiedeten in dieser Plenarwoche eine entsprechende Entschließung. Darin betonen sie, wie dringend die Ukraine Waffen und Gerät benötige, um die russischen Invasoren zurückzudrängen. Bereits im Oktober hatte das Parlament auf Initiative von CDU/CSU eine entsprechende Forderung verabschiedet. Der erneute Appell erhöht nun den Druck auf die Bundesregierung, die Panzer-Lieferungen endlich zuzulassen.

Des weiteren forderten die Abgeordneten mehr Effizienz bei den Entscheidungsprozessen in der Außenpolitik. Nicht erst der russische Angriffskrieg hat schließlich gezeigt, dass das Prinzip der Einstimmigkeit einer schnellen EU-Reaktion im Wege steht. Aus diesem Grund schlagen die Abgeordneten vor, bei Entscheidungen, die keine direkten militärischen oder verteidigungspolitischen Konsequenzen haben, etwa Sanktionen, schrittweise zu Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit überzugehen. Zudem sollte die EU mehr in bestehende Partnerschaften investieren, um weiterhin als außenpolitisch einflussreicher Akteur wahrgenommen zu werden. Nur so können wir die EU zu einem international verlässlichen Partner und Player machen.

Schwedische Ratspräsidentschaft

Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson hat in dieser Woche in Straßburg die Prioritäten der schwedischen Ratspräsidentschaft im Plenum vorgestellt. In seiner Rede betonte Kristersson, dass sich sein Land in den kommenden sechs Monaten besonders um die Sicherheit Europas kümmern wolle. Hierfür müsse Europa die durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Ukraine weiter unterstützen, so der Schwede. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass die Ukraine siegt und dass ihre Zukunft in der EU liegt“, sagte Kristersson.

Die schwedische Ratspräsidentschaft will sich bis zur Jahresmitte auch um eine gemeinsame und kohärente Migrationspolitik bemühen sowie den Schutz vor dem organisierten Verbrechen in den Fokus rücken. Mit der aktiven Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit steht ein weiteres wichtiges Thema auf der schwedischen Agenda. Für CDU/CSU setzt Kristersson damit die richtigen Prioritäten. Dies gilt besonders im Hinblick auf den andauernden Krieg in der Ukraine, die hohen Energiepreisen und den zunehmenden Wettbewerbsdruck aus den USA.

Noch bis Ende Juni wird Schweden am EU-Ruder sitzen, bevor Spanien dann am 1. Juli diese Aufgabe übernehmen wird.

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament