Zum Abschluss der zweiten Plenarwoche im Oktober, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg wie gewohnt kurz zusammengefasst:
Rechtstaatlichkeit in Polen
In einer lebhaften Plenardebatte mit dem polnischen Premierminister Mateusz Morawiecki hat das Europaparlament die polnische Regierung dazu aufgefordert, den Vorrang des EU-Rechts aufrechtzuerhalten. Hintergrund ist ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts von Anfang Oktober, das den Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen neu angeheizt hat. Morawiecki warf der EU-Kommission „Erpressung“ vor und kündigte an, dass er dies als Mittel der Politik nicht zulassen werde. Damit standen die Zeichen auf Sturm – von Deeskalation keine Spur.
CDU/CSU und EVP machten in der Debatte deutlich, dass Morawieckis Beteuerungen, Polens Platz sei in der EU, nicht ausreichten. Schließlich spreche die von der PiS-Regierung angestoßene Justiz-Reform eine andere Sprache. Dazu gehört die Senkung des Pensionsalters im polnischen Justizwesen, um missliebige Richter loszuwerden, während regierungskonforme Richter zweimal um drei Jahre verlängert werden können. Gleichzeitig müssen Richter, die diese Praxis kritisieren mit Pensionskürzungen rechnen. Schon für sich allein genommen sind diese Vorgänge besorgniserregend, aber in der Summe ein klares Indiz dafür, dass die PiS-Regierung die Gewaltenteilung in Polen systematisch aushöhlt. In der Debatte haben CDU/CSU, die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission aufgefordert, nicht länger tatenlos zuzusehen, wie die polnische Regierung die Rechtsstaatlichkeit weiter abbaut. Wer von europäischen Steuergeldern profitiert, muss sich an die gemeinsam vereinbarten Regeln halten. Auf die polnischen Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit müssen Konsequenzen folgen, bei denen es am Ende auch um die Streichung finanzieller Zuwendungen gehen muss. Deshalb ist es gut, dass Kommisisonspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt hat zu handeln – wenn nötig auch mit Sanktionen.
Vom Hof auf den Tisch
Die Lebensmittelkette in Europa nachhaltiger gestalten – das ist das Ziel der sogenannten „Vom Hof auf den Tisch“ (engl. „Farm to Fork“) Strategie der EU-Kommission, zu der sich das Europaparlament in dieser Woche positioniert hat. Die Strategie möchte den Wandel in der Lebensmittelkette anstoßen und diese von der landwirtschaftlichen Urproduktion, über Verpackung und Transport bis zum Konsumenten nachhaltiger machen. Der Verbraucher spielt dabei eine Schlüsselrolle, denn die Lebensmittelversorgung ist ein Kreislauf, den jede und jeder einzelne mit seinem oder ihrem Einkauf- und Konsumverhalten mitgestaltet. Ein wichtiger Aspekt ist dabei Information für den Verbraucher. Nur wenn die Informationen über die Nährstoffzusammensetzung, die Herkunft, das Tierwohl und auch die Nachhaltigkeit schnell und einfach verständlich sind, wird ein Wandel gelingen.CDU und CSU haben sich dafür eingesetzt, dass diese Strategie keine Verbotsstrategie wird, sondern dass Anreize gesetzt werden, die an jedem Glied der Lebensmittelversorgungskette greifen. „Farm to Fork“ ist auch eine Chance für unsere Landwirtschaft, die den wichtigsten Beitrag für eine sichere und nachhaltige Lebensmittelversorgung in Europa leistet. Der angestoßene Wandel darf deshalb auf keinen Fall auf dem Rücken unserer Landwirtschaft ausgetragen werden, sondern muss die Landwirte einbeziehen. Nur dann schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass die Lebensmittelkette in Europa für alle nachhaltiger wird: vom Landwirt bis zum Verbraucher, vom Hof bis auf den Tisch.
Sacharow-Preis
Der renommierte Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europaparlaments geht in diesem Jahr an den russischen Kremlkritiker Alexej Nawalny. Damit setzten die Abgeordneten ein Zeichen der Unterstützung für den seit rund neun Monaten in einem russischen Straflager inhaftierten Oppositionspolitiker. Dass der von CDU/CSU unterstützte Kandidat diese wichtige Auszeichnung erhält, ist eine sehr gute Nachricht. Alexej Nawalny hat großen Mut bewiesen, um dem russischen Volk die Hoffnung auf Wahlfreiheit zurückzugeben. Er hat sich jahrelang für Menschenrechte, Rede- und Meinungsfreiheit eingesetzt sowie gegen Korruption gekämpft. Für uns steht fest: Nawalnys Taten und seine Entschlossenheit verdienen es, mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet zu werden. Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wird jedes Jahr vom Europaparlament verliehen. Der Präsident des Europaparlaments wählt gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden den endgültigen Preisträger aus. Nominiert waren in diesem Jahr neben Alexej Nawalny auch eine Gruppe afghanischer Frauen sowie die bolivianische ehemalige Übergangspräsidentin Jeanine Anez. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird am 15. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Parlaments verliehen. Er wurde 1988 ins Leben gerufen, um Einzelpersonen und Organisationen zu ehren, die Menschenrechte und Grundfreiheiten verteidigen und ist nach dem sowjetischen Physiker und politischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt.
Pandora Papers
Die Enthüllungen der Pandora Papers haben eindringlich gezeigt, dass Europa beim Kampf gegen Steuervermeidung und Geldwäsche endlich handeln muss. Es wird einmal mehr deutlich: Briefkastenfirmen dienen vor allem dazu, Eigentümerstrukturen zu verschleiern. Damit werden Steuerhinterziehung und Geldwäsche befördert. In dieser Woche hat das EU-Parlament eine Entschließung verabschiedet, die endlich Konsequenzen fordert. Leider ducken sich die EU-Mitgliedstaaten immer weg, wenn es darum geht, Steueroasen klar zu benennen, auch wenn diese ihnen selbst am meisten schaden. Die meisten Staaten, die bei den Pandora Papers im Fokus sind, stehen gar nicht auf der schwarzen Liste. Die Britischen Jungferninseln, Hong Kong und mehrere US-Bundesstaaten, die in den Dokumenten prominent erwähnt werden, befinden sich auf keiner schwarzen Liste der EU. Es gilt deshalb, die EU-Methodologie zur Einstufung auf der schwarzen Liste zu hinterfragen. Auch Sanktionen können notwendig werden. Solange es keine spürbaren Folgen hat auf der schwarzen Liste zu stehen, wird sich in Sachen Steuertrickserei nichts ändern. Europa darf das nicht länger hinnehmen.