Ergebnisse der Plenarwoche im September

Zum Abschluss der Plenarwoche im September, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg wie gewohnt kurz zusammengefasst:

Rede der Kommissionspräsidentin zur Lage der Europäischen Union
Corona, Klima, Wirtschaft, Außenpolitik: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch im Plenum ihre zweite große Rede zur Lage der EU gehalten und dabei ihre Pläne für die zweite Hälfte der Legislaturperiode dargelegt. Aufsehen erregte ihre Ankündigung, ein europäisches Wirtschaftssystem für Mikrochips aufbauen zu wollen. Damit sollten der Halbleitermangel angegangen und die Unabhängigkeit Europas gestärkt werden. Bisher ist Europa in dieser Hinsicht auf Importe aus Asien angewiesen. Von der Leyen kündigte deshalb ein europäisches Chips-Gesetz an, das die europäischen Forschungs- und Testkapazitäten zusammenbringt und die Investitionen der EU und der Mitgliedstaaten koordiniert.
Mit Blick auf die weltweite Corona-Pandemie hob von der Leyen hervor, dass Europa bei den Impfquoten eine Vorreiterrolle einnehme. Jetzt müsse es darum gehen, die Impfquoten in ärmeren Ländern voranzubringen. Die Kommissionspräsidentin kündigte an, dass Europa bis Mitte nächsten Jahres 200 Millionen Impfdosen an die Covax-Initiative spenden werde. Darüber hinaus lobte sie die Solidarität der Mitgliedstaaten in der „schwersten globalen Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten“. Dass vor allem junge Leute von der Krise hart getroffen worden sind, will die EU-Kommission nun in den Fokus rücken. Ursula von der Leyen erklärte, dass 2022 zum Europäischen Jahr der Jugend ausgerufen werden solle. Mit dem neuen ALMA-Programm soll ein europäisches Austausch-Programm junger Berufstätiger an den Start gehen.
Die CDU/CSU-Gruppe hat in der mehrstündigen Debatte darauf hingewiesen, dass sich die zur Bewältigung der Coronakrise aufgebauten Schulden-Instrumente nicht verstetigen dürfen. Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es in der Europäischen Union nicht zu einer dauerhaften Umverteilung kommt. Der Steuerzahler in Deutschland darf nicht für die Schulden der anderen Euro-Länder haften.

Lage in Afghanistan
Die rasante Machtübernahme der Taliban in Afghanistan hat eine Debatte über die Handlungsfähigkeit Europas ausgelöst. Das Europaparlament hat nun die Ereignisse diskutiert und sich mit einer gemeinsamen Entschließung positioniert. Für CDU und CSU ist klar, dass die dramatischen Ereignisse in Kabul gezeigt haben, dass Europa trotz vermehrter Anstrengungen der vergangenen Jahre hin zu einer europäischen Verteidigungsunion nicht über das nötige Instrumentarium verfügt, um den internationalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen. Zwar gibt es in der EU seit 15 Jahren mit den sogenannten EU-Battlegroups schnell verlegbare Kräfte. Doch deren Umfang ist zu klein, um eine solche Operation wie die Sicherung des Kabuler Flughafen durchzuführen. Afghanistan sollte uns ein erneuter Weckruf sein, dass wir im Bereich militärischer Fähigkeiten als EU gemeinsam ambitionierter voranschreiten müssen, um einerseits eigenständig handlungsfähig zu sein und andererseits den USA gegenüber ein attraktiver statt nur hilfloser Partner zu sein. Die rasante Machtübernahme der Taliban war ein herber Rückschlag für die langen Anstrengungen der westlichen Staatengemeinschaft in Afghanistan. Trotzdem darf Europa vor der neuen Realität in Afghanistan jetzt nicht die Augen verschließen. Nötig ist nun ein pragmatischer und begrenzter Dialog mit dem de facto-Regime, um die Ausreise von Europäern, Ortskräften und besonders gefährdeten Personengruppen, die noch nicht außer Landes gebracht werden konnten, zu organisieren. Auch der Flüchtlingsfrage gilt es pragmatisch zu begegnen, indem Europa die Nachbarstaaten Afghanistans beim Umgang mit dieser Situation unterstützt, um für die Menschen Lösungen vor Ort zu schaffen.

Blue Card
Die COVID-19-Pandemie hat die Anfälligkeit der europäischen Arbeitsmärkte deutlich gemacht: Um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, braucht Europa mehr hochqualifizierte Fachkräfte und Unternehmer aus der ganzen Welt. Dafür werden die vereinfachten Regeln zur Vergabe der Blue Card sorgen, welche das Europaparlament nun verabschiedet hat. Die EU-Blue Card ist die europäische Antwort auf die US-Green Card. Die reformierten Regeln werden die Beantragung der Blue Card erleichtern. Zudem werden die Rechte der Inhaber gestärkt. Statt einen Vertrag über 12 Monate sollen künftig auch Anstellungen von nur sechs Monaten möglich sein. Statt Ausbildungsnachweise soll im IT-Sektor auch entsprechende Berufserfahrung akzeptiert werden. Das notwendige Mindestgehalt soll nicht mehr 150 Prozent, sondern nur 100 Prozent des nationalen Durchschnitts betragen. Gleichzeitig sollen nationale Systeme für qualifizierte Einwanderung parallel weitergeführt werden können.
Im internationalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe hinkt Europa noch immer hinterher. Nur 31 Prozent der Hochqualifizierten aus Drittstaaten wählen ein EU-Land zum Leben und Arbeiten. Zudem behindert der eklatante Fachkräftemangel in einigen Branchen das Wirtschaftswachstum und die europäische Binnenwanderung reicht nicht mehr aus, um diesem Mangel zu begegnen. Die neuen Regeln für die Blue Card werden nun Abhilfe schaffen.

Reserve-Antibiotika
Das Europaparlament hat sich für strenge Antibiotika-Regeln in der Veterinär-Medizin ausgesprochen. Damit kann nun die EU-Kommission Kriterien für die Auswahl von Reserveantibiotika in der Human- und der Tiermedizin vorlegen. Grüne und Sozialdemokraten im Europaparlament hatten zuvor versucht, die Vorschläge der EU-Kommission zu torpedieren, da sie ihnen nicht weitgehend genug waren. Dies hätte dazu geführt, dass kranke Tiere nicht mehr hätten behandelt werden können, obwohl es wirksame Medikamente für sie gibt. Das weltweit zunehmende Problem von Antibiotikaresistenzen kann so nicht gelöst werden. Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz von Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften statt einseitiger Verbote.
Für CDU und CSU ist klar: Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist wissenschaftsbasiert und verhältnismäßig. Er stellt bereits eine Verringerung der in der Tiermedizin verfügbaren Antibiotika und einen verbesserten Schutz vor Antibiotikaresistenz für den Menschen dar. Eine Ablehnung des Kommissionsvorschlags, wie von Grünen und Sozialdemokraten gefordert, hätte letztendlich zu einer Verschlechterung der jetzigen Situation geführt, da Lösungen verzögert werden. Aus diesem Grund haben wir den Kommissionsvorschlag unterstützt. Klar ist aber auch, dass Reserveantibiotika sowohl bei Menschen als auch in der Tiermedizin nur im geringen Umfang – und unter klaren Bedingungen – eingesetzt werden dürfen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, dass bestimmte Mittel nur Menschen vorbehalten sein sollen. Deshalb ist für uns der delegierte Rechtsakt ein wichtiger Schritt, aber er ist nicht der einzige und nicht der letzte im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen. Wir fordern von der Kommission, dass sie die Anwendung von Antibiotika in der Tier- und Humanmedizin in den nächsten Jahren gründlich überprüft und wenn nötig nachjustiert. Sowohl Tier- als auch Humanmedizin müssen ihre Verantwortung im Kampf gegen Antibiotika-Resistenz tragen.

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament