Zum Abschluss der Plenarwoche im Juni (seit über einem Jahr erstmals wieder in Straßburg), die wichtigsten Ergebnisse wie gewohnt kurz zusammengefasst:
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)
Das Europaparlament hat die EU-Kommission dazu aufgefordert, mehr für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa zu tun. Bisher belasse sie es allzu häufig bei Ankündigungen und liefere nicht, kritisierten Abgeordnete fraktionsübergreifend während einer gemeinsamen Aussprache zur Lage der KMU in der EU. Für CDU und CSU ist klar: Mit Ankündigungen alleine ist dem Mittelstand nicht geholfen. Schließlich sind KMU das Rückgrat unserer Wirtschaft und müssen endlich in den Mittelpunkt unserer Politik rücken – gerade jetzt während der Corona-Pandemie. Wir brauchen in Europa echte Entlastungen und Unterstützung für KMU.
Besonders die Ernennung Vazil Hudaks zum KMU-Beauftragten sorgte im Plenum für Ärger. Zwar ist es ein gutes Zeichen, dass die Kommission endlich der Forderung von CDU/CSU nach einem KMU-Beauftragten nachgekommen ist. Nichtsdestotrotz ist der Slowake keine Idealbesetzung und steht als ehemaliger Banker nicht für das, was der Mittelstand jetzt braucht. Bis jetzt bleibt unklar, welche tatsächlichen Kompetenzen mit dem Amt verbunden sind. Er hängt zwischen verschiedenen Kommissaren ohne Anbindung an die Kommissionsspitze und verfügt offenbar nicht über echte Durchgriffsrechte. Hier müsse die Kommission schnell Klarheit schaffen, hieß es im Plenum.
Die Debatte über die Lage der KMU – eine langjährige Kernforderung der EVP-Fraktion – ist in dieser Plenarwoche zum ersten Mal mit Leben erfüllt worden und soll jährlich wiederholt werden.
Impfstoff-Patente
Nachdem US-Präsident Joe Biden zuletzt mit der überraschenden Forderung nach einer pauschalen Patentfreigabe für Corona-Impfstoffe vorgeprescht war, positionierte sich das Europaparlament diese Woche dazu. Leider versuchen Linke, Sozialdemokraten und Grüne nach wie vor, eine Aufhebung des Patentschutzes als ein Allheilmittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu verkaufen. Dabei liegen die Gründe für die Impfstoffknappheit nicht in einer mangelnden Bereitschaft der Erfinder ihre Fähigkeiten zu lizensieren, sondern in den weiterhin fehlenden Produktionskapazitäten. Schon heute sind die 46 am wenigsten entwickelten Länder der Welt im Pharmabereich bis zum Jahr 2033 von den Patentschutzbestimmungen ausgenommen. Trotzdem ist es noch keinem dieser Staaten gelungen, eigene Impfstoffkapazitäten aufzubauen. CDU und CSU haben sich klar gegen eine Patenfreigabe ausgesprochen und unterstützen die zuletzt von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen, um die globale Impfstoffknappheit zu beheben: Sämtliche Exportverbote für Impfstoffe und die dafür notwendigen Rohstoffe müssen aufgehoben werden. Zweitens muss die Produktion so weit wie möglich hochgefahren werden, auch durch mehr Kooperationen zwischen den Impfstoffherstellern. Außerdem muss die EU vor Ort in den Entwicklungsländern unterstützen, praktisch wie finanziell. Im Gegensatz zu anderen Industrieländern verfolgt die EU genau diesen Weg schon länger. Die EU ist der größte Exporteur von Impfstoffen und wird sich auch weiterhin solidarisch zeigen, damit die Corona-Pandemie so bald wie möglich nicht mehr das Leben auf der Welt prägt, sondern nur noch die Seiten der Geschichtsbücher füllt.
Digitales Covid-Zertifikat
Freies Reisen für freie Bürger: Das Europaparlament hat den Weg für das digitale Covid-19-Zertifikat freigemacht. Nun liegt es an den Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass einfaches und sicheres Reisen in der Corona-Pandemie ab spätestens 1. Juli wieder machbar ist. Das Zertifikat wird nachweisen, ob jemand geimpft wurde, ein negatives Corona-Testergebnis hat oder innerhalb der letzten sechs Monate von Corona genesen ist. Die dafür notwendige digitale Infrastruktur ist von den allermeisten Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht worden, 23 Länder sind schon bereit für die Einführung.Als eine der europäischen Grundfreiheiten ist die Reisefreiheit für die CDU/CSU-Gruppe eine der wichtigsten Errungenschaften der EU. Dank CDU/CSU und EVP ist das Gesetzgebungsverfahren zum EU-Covid-19-Zertifikat enorm beschleunigt worden. Nach der Zustimmung des Europaparlaments müssen nun die Mitgliedstaaten den Beschluss absegnen. Dies gilt als reine Formalie.
Rechtsstaatlichkeitskonditionalität
Der Konditionalitätsmechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit ist seit Januar 2021 in Kraft. In einer Entschließung forderte das Europaparlament die EU-Kommission diese Woche auf, die Arbeit daran intensiv voranzutreiben und bereits angekündigte Leitlinien zur Interpretation und Umsetzung innerhalb der nächsten zwei Wochen vorzulegen. Zuletzt hatte die Kommission unter Hinweis auf die Komplexität eine erste Frist des Parlaments dazu verstreichen lassen. In der Entschließung von dieser Woche droht das Europaparlament der Kommission auch mit weiteren Konsequenzen bis hin zu einer Klage wegen Nichthandelns. Diese Drohung sorgte vorab für viel Wirbel.
CDU/CSU unterstützen den dadurch erzeugten weiteren politischen Druck auf die Kommission. Im Gegensatz zu Grünen, Linken und Sozialdemokraten ist die angedrohte Klage für uns jedoch alles andere als ein Automatismus. Erst nach Vorlage der Leitlinien kann die Kommission überhaupt handeln. In etwa zwei Monaten wird das Parlament deshalb erneut darüber beraten, ob dann zur Ultima Ratio, einer Klage, gegriffen wird. Das wichtigste wird dabei sein, die ersten von der Kommission erhobenen Fälle unter dem Konditionalitätsmechanismus rechtlich wasserdicht vorzubereiten, damit sie vor dem Europäischen Gerichtshof auch Bestand haben. Hier muss Gründlichkeit klar vor Schnelligkeit stehen. Der Konditionalitätsmechanismus ist zu wichtig, um ihn jetzt durch überzogenen politischen Ehrgeiz rechtlich zu gefährden.