Ralf Seekatz MdEP - Für Rheinland-Pfalz in Europa

Ergebnisse der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause

Zum Abschluss der letzten Plenarwoche vor der parlamentarischen Sommerpause, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg wie gewohnt kurz zusammengefasst:

Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in Ungarn und Polen
Das Europaparlament hat das Anti-Homosexualität-Gesetz der ungarischen Regierung während einer Plenar-Aussprache hart kritisiert. Grundrechte sowie die Prinzipien des Rechtsstaats bildeten das Fundament der Europäischen Union, hieß es im Plenum. Alle Mitgliedstaaten müssten diese Werte respektieren. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies in der Debatte erneut darauf hin, dass das Gesetz, welches die ‚Darstellung und Förderung von Homosexualität‘ verbietet und Homosexualität in einen Kontext mit Kinderpornografie stellt, gegen EU-Recht verstoße. Bereits kurz nach Verabschiedung des Gesetzes hatte die Kommission angekündigt, dass sie den Fall bis vor den Europäischen Gerichtshof bringen werde, sollte die Regierung in Budapest nicht einlenken. Gleichzeitig kündigte von der Leyen im Plenum an, dass die Kommission im Herbst erste Verfahren unter dem neuen Mechanismus der Rechtsstaatlichkeitskonditionalität anschieben werde. Hierbei drohen Ungarn sowie Polen die Kürzung von EU-Mitteln. CDU und CSU betonten, dass Europa es ernst meine mit der Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit. Dies zeige die sich laut Presseberichten abzeichnende Weigerung der Kommission, den ungarischen Plan für die Verwendung der EU-Corona-Hilfen zu bewilligen. Nur wenn ausreichende Garantien gegen eine missbräuchliche Verwendung der Gelder da sind, können die EU-Corona-Hilfen fließen.

Vorübergehende Ausnahme von der Datenschutzrichtlinie zur Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch
Online-Plattformen dürfen weiterhin automatisiert nach Material von sexuellem Kindesmissbrauch suchen. Das Europaparlament verabschiedete eine entsprechende Ausnahmeregelung von der ePrivacy-Richtlinie, womit Facebook, Google und Co. private Nachrichten nach entsprechendem Bildmaterial legal scannen können. Zudem werden die Plattformen über Instrumente verfügen, mit denen sie Täter identifizieren können, die Kinder in Online-Chats auf Missbrauch vorbereiten. Die Zahlen der letzten Monate zeigen, dass diese Ausnahmen dringend notwendig sind. So ist seit Inkrafttreten der e-Privacy-Richtlinie am 21. Dezember letzten Jahres die Zahl der freiwilligen Meldungen von Material von sexuellem Kindesmissbrauch um 46 Prozent gesunken, während vorher pro Jahr rund 100.000 neu produzierte Videos gemeldet worden waren. Die nun beschlossene Regelung wird für drei Jahre gelten. Sie soll durch einen langfristigen Rahmen zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet ersetzt werden, einschließlich der obligatorischen Aufdeckung und Meldung durch die Diensteanbieter, die nach dem Sommer erwartet wird. Internet-Service-Provider in Europa sind zum weltweit größten Anbieter von Material über sexuellen Kindesmissbrauch geworden. Darüber hinaus hat die Covid-19-Pandemie in den vergangenen Monaten zu einem entsetzlichen Anstieg des sexuellen Missbrauchs von Kindern geführt. Die Bekämpfung dieser Verbrechen, sowohl online als auch in der realen Welt, hat für CDU/CSU oberste Priorität. Umso inakzeptabler sind die Argumente der Grünen-Fraktion im Europaparlament, die vor „Denunziationsmaschinen“ im Internet warnten und die Verordnung ernsthaft als „Todesstoß“ für das digitale Briefgeheimnis bezeichneten. Für CDU und CSU gilt: Datenschutz darf nicht dem Täterschutz dienen.

Mehr EU-Mittel für Infrastrukturförderung und Innere Sicherheit
Das Europaparlament hat diese Woche zwei wichtige EU-Förderprogramme für die Periode 2021-2027 endgültig abgesegnet. Die sogenannte Connecting Europe Fazilität fördert Infrastrukturprojekte in Europa in den Bereichen Verkehr, Digitales und Energie. Das Gesamtbudget beträgt 30 Milliarden Euro, wovon 23 Milliarden Euro für Verkehrsprojekte, 5 Milliarden für Energie- und 2 Milliarden für Digitalprojekte vorgesehen sind. Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Fertigstellung von grenzüberschreitender Infrastruktur wie Schienen- oder Straßenverbindungen über innereuropäische Grenzen hinweg sowie die Förderung nachhaltiger Verkehrsinfrastruktur. Gerade die europäischen Schienennetze sollen von dem Förderprogramm profitieren. Zudem sollen die Genehmigungsverfahren deutlich verkürzt werden. Gerade große Infrastrukturprojekte leiden ja bekanntlich unter langen Planungs- und Bauphasen. Etwas weniger üppig ausgestattet, aber ebenso wichtig ist der Fonds für die Innere Sicherheit, den das Europaparlament ebenfalls diese Woche verabschiedet hat. Von 2021-2027 stehen insgesamt 1,9 Milliarden Euro für drei Schwerpunkte in der grenzüberschreitenden Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung bereit. So soll der Informationsaustausch zwischen allen relevanten nationalen und europäischen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden, mehr grenzüberschreitende Einsätze ermöglicht sowie der Kampf gegen Cyberangriffe verstärkt werden. Im Vergleich zur letzten Förderperiode stehen 700 Millionen Euro mehr zur Verfügung. CDU und CSU hatten sich von Anfang an für eine deutliche finanzielle Stärkung des Programms und die Einbindung aller Strafverfolgungsbehörden eingesetzt. Europas Sicherheit hat für uns oberste Priorität.

Reform der Europäischen Arzneimittelagentur
Das Europaparlament hat diese Woche seine Positionen zur Reform der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, die über die Zulassungen von Medikamenten und Impfstoffen in Europa entscheidet, festgelegt. Damit hat ein wichtiges Reformvorhaben einen weiteren Schritt genommen. Die Reform der EMA ist eine direkte Folge der Lehren aus der COVID-19-Pandemie. Nicht nur national, auch auf EU-Ebene hätte man besser vorbereitet sein müssen. Die Europäische Arzneimittelagentur, die erst kurz vor Ausbruch der Pandemie aufgrund des Brexit von London nach Amsterdam gezogen war, stieß dabei mit ihrem bestehenden Mandat an Grenzen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission deshalb auch auf Drängen von CDU und CSU eine Erweiterung des Mandats der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vorgelegt. Die EMA soll zukünftig besser auf Krisen vorbereitet sein und die Versorgung mit kritischen Medikamenten und Medizinprodukten in Europa überwachen. Zudem bekommt die EMA u.a. eine stärkere Rolle bei der Arzneimittelbewertung und Koordinierung von klinischen Studien von Impfstoffen. Die Reform ist Teil einer weiter gefassten EU-Gesundheitsunion, mit der Europa auf die durch die Pandemie aufgedeckten Defizite reagiert und komplementär zu den EU-Mitgliedstaaten seine Strukturen entsprechend anpasst, um zukünftig besser vorbereitet zu sein. Nach Positionierung des Europaparlaments können nun die sogenannten „Trilog“-Verhandlungen zwischen Europaparlament und den Vertretern der Mitgliedstaaten beginnen, in denen der endgültige Gesetzestext festgelegt wird. Ein Inkrafttreten der Reform ist für den Herbst geplant.

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament