Zum Abschluss der ersten Plenarwoche 2022, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg wie gewohnt kurz zusammengefasst:
Roberta Metsola ist neue Präsidentin des Europaparlaments
Die Plenarwoche des Europaparlaments stand ganz im Zeichen der Neuaufstellung des Parlamentspräsidiums zur Halbzeit der aktuell laufenden Legislaturperiode. Mit der Malteserin Roberta Metsola wurde eine überzeugende, kompetente Frau zur ersten weiblichen Präsidentin seit über 20 Jahren gewählt. Auch die bisher letzte Präsidentin des Europaparlaments, Nicole Fontaine, gehörte der EVP an. CDU und CSU arbeiten seit vielen Jahren vertrauensvoll mit Roberta Metsola zusammen. Sie steht für ein junges, dynamisches Europa und wird das Europaparlament mit Leidenschaft und Selbstbewusstsein nach außen vertreten. Mit ihr haben wir eine kompetente, durchsetzungsstarke und pragmatische Präsidentin, der ersten aus der „Generation Erasmus“. In ihrer Heimat Malta kämpfte sie engagiert gegen die Korruption und profilierte sich beim Thema Migration. Sie wird dem Europaparlament nach innen und außen gut tun. Vorausgegangen ist ihrer Wahl leider der tragische und unerwartete Tod ihres Amtsvorgängers David Sassoli. Diesem hoch verdienten Europäer und überzeugten Demokrat, der das Europaparlament zweieinhalb Jahre leitete und durch die Corona-Pandemie steuerte, wurde diese Woche in einer bewegenden Zeremonie gedacht. Wir werden ihn in positiver Erinnerung behalten. Neben Roberta Metsola wurde auch das restliche Präsidium neu gewählt. Dabei wurden die Kandidaten der Europäischen Volkspartei alle im ersten Wahlgang gewählt. Unter den gewählten Vizepräsidenten ist auch wieder Rainer Wieland, der seit vielen Jahren die CDU/CSU-Gruppe erfolgreich im Präsidium des Europaparlaments vertritt.
Gesetz über digitale Dienste (DSA)
Das Internet soll für Nutzer in Europa sicherer werden. Ob illegale Bilder, gefälschte Produkte oder verbotene Dienstleistungen – Plattformen müssen demnächst derartige Inhalte unverzüglich von ihren Portalen entfernen. Der „Wilde Westen“ im Digitalbereich, wo die Großen ihre eigenen Regeln schaffen, ist damit vorbei. Was offline illegal ist, soll damit künftig auch online verboten sein. In dieser Woche verabschiedete das Europaparlament seine Position zum Gesetz über digitale Dienste (DSA), welches eine strengere Regulierung von Online-Plattformen vorsieht. Wir haben uns als CDU/CSU dafür eingesetzt, dass Online-Marktplätze mehr tun müssen, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor unsicheren Produkten beim Online-Shopping zu schützen. Kunden müssen auf die Richtigkeit der Angaben vertrauen können und im Falle von Schwierigkeiten muss ihnen ein Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Hier wird das im DSA eingebettete „Kenne deinen Geschäftskunden“-Prinzip helfen, denn dadurch werden die Online-Marktplätze verpflichtet, die Händler zurückzuverfolgen. Mit der Umsetzung des DSA sollen auch Praktiken zur Manipulation von Verbrauchern verboten werden. Nutzer großer Online-Plattformen wie Amazon, Apple, Google und Facebook sollen mehr Einfluss darüber bekommen, welche Werbeanzeigen ihnen angezeigt werden. Bei Verstößen drohen den Unternehmen künftig Bußgelder von bis zu sechs Prozent ihres Jahresumsatzes.
Vorstellung des Programms der Französischen Ratspräsidentschaft
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat das Programm der französischen Ratspräsidentschaft im Plenum vorgestellt und dabei eine Stärkung des Europaparlaments in Aussicht gestellt. Er wolle sich zusammen mit Deutschland dafür einsetzen, dass das Parlament in der Europagesetzgebung das Initiativrecht erhält. Bisher ist die Möglichkeit, Gesetzesvorschläge einzubringen, der EU-Kommission vorbehalten. Angesichts der drohenden Eskalation an der Grenze zur Ukraine forderte Macron eine neue europäische Sicherheits- und Stabilitätsordnung. Ein Vorschlag dazu solle in den kommenden Wochen von der EU erarbeitet und mit den Nato-Partnern geteilt werden. CDU und CSU wiesen in der Debatte darauf hin, dass der Ukrainekonflikt und das Verhältnis zu Russland ganz oben auf die politische Agenda gesetzt werden müssten. Der Ratsvorsitz müsse sich dafür einsetzen, dass die EU mit einer gemeinsamen starken Stimme spricht und auch Gehör findet.
Aufgrund des französischen Präsidentschaftswahlkampfs bleibt der französischen Ratspräsidentschaft jedoch wenig Zeit, wichtige Vorhaben anzustoßen und voranzubringen. Frankreich muss auch zukünftig pro-europäisch regiert werden. Mit der überzeugenden Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse aus der EVP-Parteienfamilie besteht die Chance, dass der demokratische Wettstreit in Frankreich dieses Mal in der Mitte geführt und entschieden wird.
Stärkung der EU-Arzneimittelagentur
Eine Pandemie darf uns nie wieder so unvorbereitet treffen, wie dies im vorletzten Jahr geschehen ist. Diese Woche hat das Europaparlament einen wichtigen Schritt getätigt, damit wir auf Pandemien und Gesundheitskrisen besser vorbereitet sind. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), die u.a. für Arzneimittelzulassungen zuständig ist, wird gestärkt. Nach der bereits beschlossenen Stärkung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist dies der zweite wichtige Schritt, um grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen wie Covid-19 in Zukunft besser bekämpfen zu können. Die Stärkung der EMA bedeutet, dass wir eine gemeinsame europäische Antwort ermöglichen, wenn es darum geht, Engpässe bei Arzneimitteln und Medizinprodukten abzumildern. Sie gewährleistet außerdem eine schnellere Zulassung und Verfügbarkeit neuer Arzneimittel, um kommende Krisen zu bewältigen. Noch ausstehend ist die Reform der Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren. Diese Änderung ist besonders wichtig, um in Zukunft auch in Europa, unabhängig von der Weltgesundheitsorganisation, einen Gesundheitsnotstand ausrufen zu können und somit die neu-etablierten Krisenmechanismen in Gang zu setzen. An dieser Reform wird derzeit noch gearbeitet.