Ralf Seekatz MdEP - Für Rheinland-Pfalz in Europa

Ergebnisse der April-Plenarwoche

Zum Abschluss der Plenarwoche im April, die wichtigsten Ergebnisse wie gewohnt kurz zusammengefasst:

EU-Covid19-Zertifikat
Freies und unbeschwertes Reisen durch Europa: Eine der größten Errungenschaften der EU ist in der Corona-Krise leider in weite Ferne gerückt. Um die Reisefreiheit schnellstmöglich wieder herzustellen, hat das Europaparlament diese Woche in einem Eilverfahren über das sogenannte „EU-Covid-19-Zertifikat“ abgestimmt. Dieses Zertifikat weist nach ob man geimpft, negativ auf Corona getestet wurde oder eine COVID-19-Erkrankung überstanden hat, digital und auf Papier. Damit gibt es bald einen in ganz Europa akzeptierten Nachweis, der freies Reisen in der gesamten Europäischen Union auch in Zeiten von Corona wieder möglich macht.
Als eine der europäischen Grundfreiheiten ist die Reisefreiheit für die CDU/CSU-Gruppe eine der wichtigsten Errungenschaften der Europäischen Union. CDU und CSU haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass das Gesetzgebungsverfahren zum EU-Covid-19-Zertifikat enorm beschleunigt wurde, damit es rechtzeitig zur Urlaubssaison in diesem Sommer eingeführt werden kann. Die Einführung eines solchen Zertifikats soll den Flickenteppich an Einreiseregelungen, der zurzeit herrscht, beenden und tausenden EU-Bürgern, die in Grenzregionen wohnen und arbeiten, das Leben erheblich erleichtern. Auch unserem Tourismussektor, der besonders hart von der Krise getroffen ist, können wir so wieder eine positive Perspektive bieten.
Als nächstes erarbeiten Europaparlament und EU-Mitgliedstaaten gemeinsam einen endgültigen Gesetzestext, welcher dann noch einmal vom Europaparlament bestätigt werden muss.

EU-UK Handels- und Kooperationsabkommen
Das Europaparlament hat dem Handels- und Kooperationsabkommen mit dem Vereinigten Königreich mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Damit ist der Vertrag über die künftige Partnerschaft zwischen der EU und Großbritannien ratifiziert und kann zum 1. Mai in Kraft treten. Ermöglicht wird dadurch zollfreier und unbegrenzter Warenhandel in beide Richtungen. Nach monatelangen, zähen Verhandlungen einigten sich beide Seite auf gemeinsame Regeln in Bereichen wie Fischerei, Justiz, Transport und Energie. Während Großbritannien durch das Abkommen Zugang zum EU-Binnenmarkt erhält, muss es gleichzeitig EU-Standards in Umwelt-, Sozial- und Subventionspolitik einhalten. Durch die Ratifizierung erhält die EU zudem rechtliche Mittel an die Hand, um Verstöße gegen das Austrittsabkommen zu ahnden. So ist es möglich, Teile des Handels- und Kooperationsabkommens auszusetzen oder britische Importe mit Zöllen zu belegen.
Jetzt geht es darum, die Vereinbarungen praktisch umzusetzen. Dabei sind in der viermonatigen Übergangsphase, in welcher das Abkommen bereits angewendet wurde, Hindernisse und Komplikationen aufgetreten. Für CDU/CSU steht fest, dass die britische Regierung noch mehr tun muss, um das Austrittsabkommen sowie das Protokoll zu Irland und Nordirland vollständig umzusetzen. Dies gilt weiterhin als ein Lackmustest für die neue Partnerschaft. Alleingänge der britischen Regierung schaden der konstruktiven Zusammenarbeit. Von britischer Seite darf es keine Überraschungen mehr geben. Nur so kann wertvolles Vertrauen, das es zu Beginn einer Partnerschaft braucht, aufgebaut werden.

EU-Russland-Beziehungen
Massive Truppenbewegungen von über 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine, die Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny, Explosionen in osteuropäischen Munitionslagern: Das Europaparlament hat die letzten Ereignisse im Verhältnis EU-Russland als zutiefst beunruhigend bezeichnet. Währenddessen machten sich Russland und die Ukraine gegenseitig für die neue Eskalation in dem seit sieben Jahren andauernden Konflikt verantwortlich.
In einer mehrstündigen Plenardebatte unterstrichen die Abgeordneten die fragile Sicherheitssituation in Europa und sicherten der Ukraine ihre Solidarität zu. Auch die Lieferung defensiver Waffen, um die ukrainischen Streitkräfte für den Verteidigungsfall besser auszurüsten, müssten in Betracht gezogen werden, hieß es. Die rechtswidrige Inhaftierung Alexei Nawalnys sowie das Betätigungsverbot seiner Stiftung für Korruptionsbekämpfung, sei zu verurteilen. Darüber hinaus forderten Abgeordnete der EVP-Fraktion, dass die EU ihren neuen globalen Menschenrechtssanktionsmechanismus gegen alle Individuen anwenden müsse, die an der Verfolgung, Verurteilung und Misshandlung von Alexei Nawalny beteiligt sind. Zudem gilt für CDU /CSU: Die Russland-Politik der EU muss dringend überarbeitet werden, um den Kräften für ein demokratisches Russland besser helfen zu können.

„Sofagate“ und der Türkei-Besuch von Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel
Der als „Sofagate“ bekannt gewordene Vorfall während des Türkeibesuchs von Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel hat gezeigt, dass die Henry Kissinger zugeschriebene Frage „Wen rufe ich denn an, wenn ich Europa anrufen will?“ noch immer nicht zufriedenstellend beantwortet ist. Diese Woche debattierte das Europaparlament darüber.
Kommissionspräsidentin von der Leyen fand dabei die richtigen Worte. Sie sei die erste Präsidentin der Europäischen Kommission und sie erwartete, auch in der Türkei so behandelt zu werden. Aber dies sei nicht der Fall gewesen: „Ich fühlte mich verletzt und alleingelassen, als Frau und als Europäerin. (…) Dies zeigt, wie weit der Weg noch ist, bis Frauen als Gleiche behandelt werden“. In seltener Geschlossenheit solidarisierte sich das Europaparlament mit der Kommissionspräsidentin, die auf beeindruckende Weise die eigene Diskriminierung angeprangert hat. Die Kommissionspräsidentin bewies damit den Führungsanspruch der EU-Kommission gegenüber dem Rat.
In Hinblick auf die politischen Gründe der Reise der EU-Spitzen in die Türkei bleibt der Vorfall ärgerlich. Die EU hätte gegenüber der Türkei und ihrem autoritären Herrscher Erdogan ein starkes, einheitliches Bild abgeben müssen. Es gibt genug sensible Themen, die eine entschlossene, einige EU erfordern: Migration, Menschenrechte, die politischen Gefangenen in der Türkei, die Zollunion, Zypern oder die ständigen Provokationen der Türkei im östlichen Mittelmeer gegenüber Griechenland. All dies sind Themen, die größter Aufmerksamkeit bedürfen. Gegenüber „Sofagate“ rückten all diese Themen in den Hintergrund.

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament