Ralf Seekatz MdEP - Für Rheinland-Pfalz in Europa

Abstimmungen der zweiten Oktober-Plenarwoche

Die letzten Abstimmungen der zweiten Oktober-Plenarwoche fanden statt. Aufgrund des hohen Corona-Infektionsgeschehens in Brüssel und Straßburg, diese Woche fast vollständig aus meinem Home-Office in Westerburg.

Wie gewohnt eine kurze Zusammenfassung:

Zukunft der europäischen Agrarpolitik

Die Woche in Brüssel stand ganz im Zeichen der Landwirtschaft. Das Europaparlament sowie die EU-Staaten haben jeweils ihr Position zur Zukunft der gemeinsamen EU-Agrarpolitik bis 2027 festgelegt. In Kürze werden somit sogenannte „Trilog“-Verhandlungen zwischen Europaparlament, EU-Mitgliedstaaten und EU-Kommission beginnen.

Im Europaparlament hatten sich zuvor die Fraktionen von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen auf einen weitreichenden Kompromiss verständigt, der mit großer Mehrheit angenommen wurde und große Fortschritte in Sachen Ökologie, Flexibilität und Umweltschutz bedeutet. 30 Prozent der Direktzahlungen an die Landwirte sollen für grünere Maßnahmen, sogenannte „Eco-Schemes“ reserviert sein. Ebenso sollen 35 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung für Umweltmaßnahmen eingesetzt werden. Zudem steigt die Flexibilität für die Mitgliedstaaten deutlich. Bislang gab es solche Bestimmungen nicht.

Für CDU und CSU hat Landwirtschaftspolitik eine hohe Priorität, denn sie ist Standortpolitik für den ländlichen Raum. Es geht dabei auch darum, dass Europa sich selbst mit hochwertigen bei uns angebauten Nahrungsmitteln versorgen kann und nicht auf Importe angewiesen ist. Wir wollen auch weiterhin Lebensmittel aus bäuerlichen Familienbetrieben. Gleichzeitig muss auch die Landwirtschaft mehr zu Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Dafür wird es zukünftig mehr Anreize als bisher geben.

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Digitale Dienste und KI

Das Europaparlament hat seine Standpunkte zu neuen europäischen Regeln für digitale Dienste und Plattformen sowie zur zivilen Haftung von Künstlicher Intelligenz (KI) vorgelegt. Beide Dossiers fußen auf der Forderung, endlich den Digitalen Binnenmarkt zu vollenden. Für CDU/CSU ist klar: Die neuen Vorgaben für digitale Dienste, welche die EU-Kommission noch in diesem Jahr vorschlagen will, müssen einerseits die Vorgaben für digitale Dienste und Plattformen verbessern und modernisieren sowie andererseits Betrug, Häme und Hetze im Internet entgegentreten. In der nun verabschiedeten Parlamentsposition forderten die Abgeordneten, die Transparenz und Produktsicherheit auf Online-Marktplätzen zu erhöhen, Regeln für den weit verbreiteten Einsatz von künstlicher Intelligenz festzulegen und die Verbreitung illegaler Online-Inhalte zu stoppen. Darüber hinaus soll die EU klare Standards schaffen, wie Social Media-Plattformen wie Facebook oder YouTube mit illegalen Inhalten auf ihren Plattformen umgehen sollen. Die neuen Regeln sollten gleichzeitig Rechtsklarheit für Anbieter schaffen und die Grundrechte der Benutzer wahren, hieß es.

Bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz drängte das Plenum auf einen Ansatz, der gleichzeitig Rechtssicherheit für Gesellschaft und Unternehmen herstellt sowie Raum für digitale Innovationen lässt. Dazu gehört auch, dass künftig Betreiber risikoreicher KI-Systeme für den Schaden, den ihre Anwendungen verursachen, haften sollen. Zu risikoreichen Anwendungen von KI gehören beispielsweise selbstfahrende Autos. Der Kommissionsvorschlag hierzu wird im Frühjahr kommenden Jahres erwartet.
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Verkündung des Sacharow-Preisträgers

Die belarussische Opposition, vertreten durch den Koordinierungsrat, wird mit dem diesjährigen Sacharow-Preis für geistige Freiheit ausgezeichnet. CDU/CSU und EVP hatten die mutigen Bürger, die seit Wochen friedlich für freie und faire Wahlen in Belarus sowie für den Rücktritt Lukaschenkos demonstrieren, gemeinsam mit anderen Fraktionen für den Preis vorgeschlagen. Die diesjährige Nominierung zeigt, dass Menschenrechte und Grundfreiheiten wie das Recht auf freie Wahlen global zunehmend in Bedrängnis geraten. Nominiert waren neben der belarussischen Opposition die Guapinol-Aktivisten und Berta Cáceres in Honduras sowie der Erzbischof von Mosul, Irak, Najeeb Mikhael. Der Preis selbst wird am 16. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Europaparlaments verliehen.
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Rückschau Europäischer Rat: Brexit

Am Mittwoch hat das Europaparlament erneut zum aktuellen Stand der Brexit-Verhandlungen debattiert. Für alle Beteiligten in der EU ist klar: Unsere Tür für die Briten ist offen, aber nicht um jeden Preis. Abgeordnete machten im Plenum deutlich, dass ein Vertrag die zukünftigen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich auf eine gute gemeinsame Basis stellt. Solche Verhandlungen erfordern aber Bewegung von beiden Seiten, und bislang lässt die britische Regierung zu wenig Bereitschaft erkennen, an einem Verhandlungserfolg überhaupt interessiert zu sein.

Die nächsten Wochen werden entscheidend sein. Zwar gibt es in einigen Bereichen Fortschritte, aber ein Durchbruch lässt weiter auf sich warten. Problematisch sind insbesondere die Fischereipolitik sowie die Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs. Bis spätestens Ende Oktober muss ein unterschriftsreifer Vertrag vorliegen, sonst ist ein „No-Deal“ Szenario nicht mehr abzuwenden.

Ich wünsche Ihnen ein schönes und entspanntes Wochenende. Bleiben Sie gesund!

Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU Gruppe
im Europäischen Parlament