Zum Abschluss der 2. Plenarwoche im Oktober, die wichtigsten Ergebnisse aus Straßburg kurz zusammengefasst:
In dieser Woche hat die EU-Kommission ihr neues Arbeitsprogramm für 2023 vorgestellt. Dieses gibt jährlich einen Überblick, welche Gesetzesinitiativen die EU-Kommission in den nächsten zwölf Monaten neu vorschlagen oder auch zurücknehmen will. Schon im Vorfeld der Vorlage dieses Programms hatte die CDU/CSU-Gruppe dafür plädiert, dass die durch den russischen Angriffs auf die Ukraine ausgelöste schwere Wirtschafts- und Energiekrise dabei nicht unberücksichtigt bleiben darf. Denn das was Bürger und Unternehmen jetzt nicht brauchen können, ist weitere Belastung und Bürokratie.
Deshalb ist es positiv, dass die EU-Kommission auf unser Drängen hin besonders komplexe und belastende Gesetzesvorhaben wie die Chemiekalienregulierung REACH verschieben wird. Auch die Ankündigung einer Prüfung der Gesetzgebung im Hinblick auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit ist ein positives Signal. Nichtsdestotrotz wären noch deutlichere Signale der Entlastung angebracht gewesen. Mit der Rücknahme des für die Unternehmen extrem aufwändigen Lieferkettengesetzes hätte die EU-Kommission ein Zeichen an Handwerk und Mittelstand senden können. Ebenso wurde es versäumt, einen Schritt auf die europäische Landwirtschaft zuzugehen. An der umstrittenen Pflanzenschutzverordnung wird weiterhin festgehalten.
Die CDU/CSU-Gruppe fordert deshalb weiterhin einen Belastungsstopp. Statt neuer Auflagen brauchen die europäischen Unternehmen dringend Gesetzgebung, die sie entlastet und Planungssicherheit bietet. Ansonsten riskiert Europa die Schwächung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit.
Freie Fahrt für freie Bürger: Das Europaparlament hat in dieser Plenarwoche den Beitritt von Rumänien und Bulgarien zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone gefordert. Beide Länder erfüllen bereits seit Jahren die nötigen Anforderungen. Die Abgeordneten wiesen darauf hin, dass Bulgarien und Rumänien die Migrationskrisen, Pandemiebeschränkungen und jetzt die Ankunft von Millionen von Kriegsflüchtlingen in vorbildlicher Weise und unter immensem Druck bewältigt hätten. Der Ausschluss sei diskriminierend und behindere den EU-Binnenmarkt, hieß es. Die Abgeordenten forderten die Mitgliedstaaten auf, lihre Blockadehaltung aufzugeben und dem Beitritt beider Länder zu Schengen beizutreten.
Für CDU/CSU steht fest: Der Schengen-Raum ist eine europäische Erfolgsgeschichte und das Herzstück des europäischen Projektes. Dank Schengen werden Barrieren abgebaut, Bürger und Bürgerinnen einander nähergebracht sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit enorm gestärkt. Gleichzeitig trägt der Schengen-Raum mit seinen strengen Anforderungen zum Schutz der EU-Außengrenzen bei. Mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens zu Schengen können die Außengrenzen besser geschützt und die innere Sicherheit gestärkt werden.
Einen schnelleren und klügeren Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe forderte das Europaparlament in dieser Woche. Ziel der Verordnung über den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) ist es, ein ausreichendes Infrastrukturnetz für das Aufladen und Betanken von Straßenfahrzeugen und Schiffen mit alternativen Kraftstoffen zu gewährleisten. In ihrer Positionierung dazu forderten die Abgeordneten unter anderem Elektro-Ladestationen für leichte Nutzfahrzeuge alle 60 km entlang der Hauptverkehrsstraßen der EU. Für die Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge soll die maximale Entfernung auf 100 km festgelegt werden. Wasserstofftankstellen sollen bis Ende 2027 alle 100 km an den Hauptverkehrsstraßen der EU gebaut werden. Zudem will man mehr Flexibilität und hat für Straßen mit geringem Verkehrsaufkommen Ausnahmen vorgesehen. So können einzelne Standorte beide Verkehrsrichtungen bedienen oder die maximale Entfernung zwischen den Standorten kann vergrößert werden.
Für CDU/CSU ist es wichtig, dass der Ausbau schnell in ganz Europa vonstatten geht und die Infrastruktur einfach zu nutzen ist. Mit dem für 2035 vorgesehen Aus für den Verbrennungsmotor wird der Bedarf an Lade- und Betankungsinfrastruktur in Europa sehr schnell deutlich wachsen. Aktuell besteht vor allem in Westeuropa- und Nordeuropa eine für den heutigen Bedarf angemessene Infrastruktur bereit. Viele andere Länder hängen aber gerade bei Elektrotankstellen deutlich hinterher. Wenn in ganz Europa keine Verbrenner mehr verkauft werden dürfen, muss auch in ganz Europa die notwenige Infrastruktur vorhanden sein. Der Ausbau der Infrastruktur muss deshalb ein Erfolg für ganz Europa werden, nicht nur für einige weniger EU-Staaten.
Den renommierten Sacharow-Preis für geistige Freiheit verleiht das Europaparlament in diesem Jahr dem ukrainischen Volk. Damit zeichnen die Abgeordneten den Kampfeswillen und den Mut der Ukrainer und Ukrainerinnen aus, die sich mit aller Kraft gegen die russischen Angriffe auf ihr Land stemmen. Sie kämpfen auch für uns Europäer, um den russischen Imperialismus zu stoppen und ein friedliches Zusammenleben unter den Völkern Europas wieder zu sichern. Mit der Auszeichnung erkennt das Europaparlament die Leistung des ukrainischen Volks für die universellen und europäischen Werte an.
Gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden hat Parlamentspräsidentin Roberta Metsola den diesjährigen Preisträger ausgewählt. Nominiert waren in diesem Jahr neben dem ukrainischen Volk auch Julian Assange sowie die kolumbianische Wahrheitskommission. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird am 14. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Parlaments verliehen. Er wurde 1988 ins Leben gerufen, um Einzelpersonen und Organisationen zu ehren, die Menschenrechte und Grundfreiheiten verteidigen und ist nach dem sowjetischen Physiker und politischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt.