Sie sehen es täglich in den Medien, die europäische Politik galoppiert von Herausforderung zu Herausforderung und die Lage für europäische Unternehmen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger spitzt sich weiter zu. Wurde die Corona-Pandemie von den meisten noch dank zuvor erwirtschafteter Gewinne überstanden, stellt die aktuelle Energiekrise viele vor unüberwindbare Aufgaben.
Leider steht die Ampel in Deutschland schon viel zulange auf Rot und läuft Gefahr, den Zeitpunkt zu verpassen, an dem unsere Wirtschaft noch zu retten ist und der Mittelstand nicht ins bodenlose stürzt. Das Gießkannenprinzip, mit dem die deutsche Regierung jedem einen Schluck gewährt, ist ein völlig falscher Ansatz und hilft denen, die wirkliche Unterstützung brauchen, nicht weiter.
Energieunternehmen machen Milliardengewinne und der Finanzminister freut sich über zusätzliche Steuereinnahmen in ungeahnten Höhen. Hier gilt es jetzt gegenzusteuern. Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede zur Lage der Union im Straßburger Plenum erfreulicherweise gute Pläne präsentiert.
Ich bin wahrlich kein Freund von Eingriffen in marktwirtschaftliche Mechanismen, die in normalen Zeiten ausgezeichnet funktionieren. Wir befinden uns aber nicht in normalen Zeiten, ein regulatorischer Eingriff ist deshalb leider unumgänglich.
Die Europäische Kommission schlägt vor, dass Energiefirmen einen Teil der zuletzt stark gestiegenen Gewinne abgeben müssen. Um dies umzusetzen, soll eine Einnahmengrenze von 180 Euro pro Megawattstunde für Stromunternehmen, die Strom nicht aus Gas produzieren, eingeführt werden. Da der Strompreis immer an die teuerste Energiequelle gekoppelt ist, aus der Strom produziert wird, profitieren aktuell vor allem Unternehmen, die Strom aus Kohle, Kernkraft, aber auch aus erneuerbaren Energiequellen gewinnen. Auch Gas- und Ölkonzerne sollen einen Teil ihrer Übergewinne abgeben (33 Prozent der Gewinne, die den Durchschnittsgewinn der vergangenen drei Jahre um mehr als 20 Prozent übersteigen).
Durch diese Maßnahme sollen 140 Milliarden Euro bereitstehen, die dafür genutzt werden können, die Not von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen zu lindern.
Zusätzlich soll der Stromverbrauch in Spitzenzeiten verpflichtend um 5 Prozent reduziert werden und die staatliche Beihilfe für angeschlagene Energieunternehmen vereinfacht werden. Aktuell besteht noch viel Diskussionsbedarf unter den Mitgliedsstaaten, da verständlicherweise die Interessen aufgrund der Versorgungssituation und Abhängigkeiten weit auseinanderliegen. Zumindest auf die ersten Punkte konnten sich die europäischen Energieminister am 30. September bereits einigen.
Nur eine gemeinsame Lösung kann uns am Ende aus der Krise führen. Einzelstaatliche Lösungen (wie sie zum Beispiel von einzelnen Mitgliedern der deutschen Regierungsparteien mit der Öffnung von Nordstream 2 gefordert wurden) spielen ausschließlich Russland in die Hände und werden uns am Ende mehr schaden als helfen.
Die kommenden Monate werden nicht einfach. Mit den richtigen Maßnahmen werden wir aber auch diese Krise überstehen.
Ihr Ralf Seekatz
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